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Wilhelm Reich



 
                                                
  

Wilhelm Reich (1897 - 1957)  
        
                          


Im Jahr 1938 veröffentlichte der österreich-amerikanische Psychoanalytiker und Biophysiker Wilhelm Reich  das Ergebnis langjähriger Forschungsarbeiten an der Grenze der lichttechnischen Auflösbarkeit.

Er stellte bei starker Vergrößerung in Langzeitversuchen fest, daß beim Zerfall von keimfreier organischer oder anorganischer Materie während einer Langzeit-Quellung in reinem und keimfreien, also biologisch totem Wasser pulsierende und kontraktierende bläschenartige Gebilde (Bione) entstehen, die immer wieder zu folgendem Resultat führten: Bewegte Bläschen, kernhaltige und kernlose Gebilde, Pseudoamöben und Teilung; - die Vorstufe des vegetativen Lebens? ...

Er soll dabei Lichtmikroskope und Zubehör der Wiener Firma "Reichert"  mit einer Vergrößerung bis zu 4500-fach benutzt haben!

Gegen solche Vergrößerungen mit einem Lichtmikroskop spricht bekanntlich die Tatsache, daß es bei noch so starker Vergrößerung nicht gelingt, die Details beliebig kleiner Teilchen dem beobachtenden Auge sichtbar zu machen. Wie bekannt, ist der kleinste auflösbare Abstand von zwei Faktoren abhängig:
 

1. Von der Wellenlänge l des die Abbildung bewirkenden
     Lichtes

2. Von der numerischen Apertur des benutzten Objektivs
 

(1)


 

Dabei ist n der Brechungsexponent des Mediums, aus welchem die Strahlen in das Objektiv treten, und q der Winkel zwischen der optischen Achse des Objektivs und den äußersten Randstrahlen, welche von einem deutlich gesehenen Achsenpunkt aus noch durch das Mikroskop treten können (Abb. 1).





Abb. 1

q: halber Öffnungswinkel des Objektivs

d: freier Objektabstand des Objektivs
 

Bei günstigster seitlicher Beleuchtung ergibt sich nach A b b e die kleinste noch auflösbare Entfernung e zu

(2)


 

Diese beiden Tatsachen haben uns zu der landläufigen Meinung geführt, daß kleinere lichttechnische Vergrößerungen physikalisch unmöglich sind. Dennoch ist diese weit verbreitete Meinung falsch, wie sich zeigen läßt.
 

So kann unter Anwendung der M i c h e l s o n schen Interferenzmethode zur Messung der Winkeldistanz von Doppelsternen die Vergrößerung lichttechnischer Mikroskope beträchtlich gesteigert werden. Bei dieser Methode wird in ihrer einfachsten Ausführung vor das Beobachtungsfernrohr symmetrisch zur optischen Achse ein Doppelspalt veränderlichen Spaltabstandes gesetzt. Durch Beugung an den beiden Spalten entstehen Interferenzen im Beugungsbild der Sterne. Durch Veränderung des gegenseitigen Abstandes der beiden Spalten können diese Interferenzen zum Verschwinden gebracht werden. Dieser Effekt tritt ein, wenn die Maxima des von dem einen Stern herrührenden Interferenzsystems auf die Minima des von dem anderen Stern erzeugten fallen und umgekehrt. Aus dem Abstand s der beiden schmalen Spalte bei Einstellung auf den Effekt und aus der von den Sternen mit gleicher Intensität ausgestrahten Wellenlänge l ergibt sich nach M i c h e l s o n deren Winkeldistanz a zu

(3)


 

Für die mikroskopische Anwendung wird ein Lichtmikroskop mit Dunkelfeldkondensor verwendet. 
Bei allen Arten der Dunkelfeldbeleuchtung hat man bekanntlich
zwei verschiedene Strahlenkegel; der eine beleuchtet das Objekt,
der andere enthält nur aus dem ersten Beleuchtungskegel
abgebeugte Strahlen und formiert das Bild.
Der Dunkelfeldkondensor lenkt also das Licht seitlich in das
Objekt, so daß das Objektiv nur gestreutes Licht erfaßt. Die
Strukturen erscheinen hell auf dunklem Untergrund.

In den beleuchteten Strahlengang vor den Dunkelfeldkondensor symmetrisch zu dessen optischer Achse wird eine genügend schmale Azimutblende (Abb. 2) gebracht.
 



  Abb. 2
 

Dadurch wird erreicht, daß das Licht nur auf zwei gegenüberliegende Mantellinien des sonst wirksamen Beleuchtungskegels des Dunkelfeldkondensors in das Präparat trifft.

Der durch diese Art der Beleuchtung in Erscheinung tretende Azimuteffekt bewirkt nun, daß z.B. an in das Dunkelfeld eines Kondensors eingebrachten Hg-Kügelchen stets nur die beiden Enden eines Durchmessers leuchten, wodurch dann die den Doppelsternbeobachtungen analogen Bedingungen geschaffen sind.
 

Wir können einen direkten Aufschluß über die lineare Entfernung der beiden leuchtenden Punkte erhalten. Von der Winkelgröße der Gleichung (3) läßt sich leicht auf die entsprechende lineare schließen. Wir nehmen dazu an, daß die Komponenten des Doppelsternes von der Spaltebene gleich weit entfernt sind und ihre Verbindungslinie parallel der der beiden Spaltlöcher verläuft.
 

Ist jene Entfernung d
 

und der gegenseitige lineare Abstand der Komponenten e,

dann gilt für den in Betracht kommenden kleinen Winkel


 
 

Verwenden wir ultraviolettes Licht, Quarzoptik und photographische Beobachtung, so wird bei l = 275  nm  und a = 1,3
 

e = 53 nm
 

Mit Hilfe dieses Verfahrens gelingt es also durchaus, die Vergrößerungsleistung lichttechnischer Mikroskope beträchtlich zu steigern.

Theoretische Untersuchungen führten in der Folge zu weiteren Entwicklungen auf dem Gebiet der Ultramikroskopie.

Die Dunkelfeldbeleuchtung, die notwendige Voraussetzung aller Ultramikroskopie, trat in ein neues Stadium durch Verwendung von Spiegelkondensoren. Obwohl eine Vielzahl katadioptrische, teils rein katoptrische Kondensoren benutzt wurden, ragten
um 1900 nur noch drei Konstruktionen hervor, nämlich:

1. Von  W .  S t e p h e n s o n  1879, der eine konkave Kugelzone in Verbindung mit einer Ebene benutzt.

2. Das Paraboloid von  W e n h a m  1856

3. Das bisphärische System, die Verbindung einer konvexen mit einer konkaven Kugelzone, von  W . v.  I g n a t o ws k y ,  1908

Die Konstruktion von W. Stephenson wurde im Jahre 1906 von O.  H e i m s t ä d t   wieder aufgenommen und zwar als Mitarbeiter der Firma C. Reichert in Wien!!!

Die Konstruktion von   W e n h a m  wurde im Jahre 1904 bzw. 1907 von  H.  Siedentopf  wieder aufgenommen und zwar als Mitarbeiter der Firma C. Zeiss in Jena!!!

Die Konstruktion von  W. v.  I g n a t o w s k y   wurde ab 1907/8 von der Firma E. Leitz in Wetzlar gefertigt !!!

Dieses System ist das beste von den drei genannten,  da man mit drei Konstruktionselementen, wie sie in zwei Kugeln gegeben sind, nämlich den beiden Radien und dem Mittelpunktsabstand, mehr erreichen kann, als mit einer einzigen
Kugel oder Parabel.
H.  S i e d e n t o p f  konnte 1909 zeigen, daß die ausgezeichnete Strahlenvereinigung des bisphärischen Systems sich darin  begründet, daß die Korrektion eine theoretisch vollkommene ist, d.h. daß das System streng aplanatisch wird, wenn man den äußeren konkaven Spiegel durch eine Kardioide ersetzt. Ein Verfahren aus der Theorie der algebraischen ebenen Kurven.

Auf Grund  technischer Schwierigkeiten bei der Fertigbarkeit eines Rotationskardioid, entwickelte  F.  J e n t z s c h   für Leitz 1910 den konzentrischen Kondensor bzw, den  Ultrakondensor.

Was nun den Wert der höchsten auftretenden Apertur anlangt,  so muß man sich klar machen, daß die mikroskopischen Methoden der Dunkelfeldbeleuchtung fast ausschließlich auf Präparate angewandt werden, deren Einbettungsmediuum
ungefähr denselben Brechungsindex wie Wasser besitzt, also kolloidale Lösungen, lebende Bakterien oder ähnliches (Bione?).

Wir stellen also zu unserer großen Überraschung fest, daß diese  Mikroskope genau für jene Präparate prädestiniert sind, mit denen sich  W i l h e l m   R e i c h  beschäftigt hatte.

Als zweite Tatsache stellen wir erstaunt fest, daß die Firma Reichert, von der  W i l h e l m   R e i c h  ein Teil seiner Gerätschaften bezog, die österreichische Konkurrenz  zu Zeiss und Leitz (beide Deutschland) war.

Der Nachvollzug der  R e i c h schen Bionexperimente Anfang der 1980er Jahre unter  H.  L a s s e k  führte zur Feststellung, daß von W i l h e l m   R e i c h   weit über die theoretische Grenze des Auflösungsvermögens von Lichtmikroskopen detaillierte  Beobachtungen gemacht wurden.

Seine Beobachtungen konnten gut bestätigt werden.

Die Forschungsgruppe zur Blutdiagnostik und Bionforschung unter 
H.  L a s s e k  verwendete folgende "Gerätschaften":

Großfeldforschungsmikroskop Orthoplan Plus (Leitz)

Okulare: Periplan GW 10 x M, 15 x M

Objektive: Hellfeld Pl Apo 6.3/0.20, 16/0.40, 25/0.65, 40/0.75,
100/1.32 Interferenz: Npl Fluotar 25/055 ICT, 40/0.70,
100./1.32

Kondenser: Interferenzkontrastkondensor, Typ Nr. 400,
mit 3 Wollaston-Prismen, Phasenkontrastring 1 & 2,

Dunkelfeldkondensor und Hellfeldring

Polarisator: Lambda-4-Platte mit Polarisationseinrichtung

Analysator: Analysator in Schieber, ICT
(90- und 45-Grad-Stellung), Leitz Orthoplan
Stufenloser Fotoaufsatz (Faktor 1.0-3.2) für Leitz Orthoplan;
Binokularer Fototubus PSA-GW

Lichtquelle: Lampenhaus Typ 500, Spiegelhaus 500
mit UV- und Wärmefiltern, Xenon-Hochdrucklampe 450 Watt;
Lampenhaus 100, Filtersatz F, Halogen-Glühlampe
12V/ 100 Watt
 

E i g e n s c h a f t e n   z w e i e r  k o n z e n t r i s c h e r   K r e i s e 

Es gibt eine anscheinend ganz unbeobachtete Eigenschaft zweier konzentrischer Kreise, die für optische Systeme unter Umständen recht wertvoll sein kann.

Zwei spiegelnd  gedachte konzentrische Kreise reflektieren nämlich einfallende Strahlen, mögen sie achsenparallel sein oder von einem in endlicher Entfernung liegenden Achsenpunkt  ausgehen, stets so, daß die  S c h n i t t w e i t e   d e m 
S i n u s v e r h ä l t n i s  u n d   d a m i t   d e r   V e r g r ö ß e r u n g proportional ist.

Das gilt nicht etwa nur mit irgend einem Grade von Annäherung - womit sich ja die Bezeichnungsweisen der Optotechnik  anscheinend so leicht zu frieden geben -, sondern absolut streng für beliebige, endliche Winkelwerte, d.h. solange überhaupt
noch die Reflexion zustande kommt.

D e r    U l t r a k o n d e n s o r

Für Untersuchungen über die Molekularbewegung in Gasen,  und um einige Resultate der Ionentheorie der Gase optisch sichtbar zu machen, habe ich einen Apparat konstruiert, den ich Ultrakondensor nenne. ... Der Name Ultrakondensor soll besagen, daß es sich um einen Zusatzapparat handelt, der ein gewöhnliches Mikroskop für ultramikroskopische Untersuchungen brauchbar macht.

Während bei dem ältesten Spalt-Mikroskop von  Z s i g m o n d y der zur Mikroskopachse senkrechte Beleuchtungskegel nur von einer Seite kommt, laufen hier Strahlen auf den Objektpunkt zu in allen Azimuten der zur Mikroskopachse senkrechten Ebene, und außerdem solche ober- oder unterhalb dieser Ebene, die sie
ebenfalls alle in dem einen Punkte durchstoßen. Auf die  hierdurch verursachten Beleuchtungseffekte will ich später eingehen.

Ich habe diesen Strahlenverlauf zu erreichen gesucht durch zwei an Glaskörper angeschliffene spiegelnde Kugelflächen, wie die Figuren (Abb.) wohl hinreichend deutlich zeigen. Jeder Strahl wird viermal gespiegelt, zweimal bevor und zweimal  nachdem er das Teilchen erregt hat. Auf diese Weise verlassen sämtliche Strahlen auf derselben Seite den Ultrakondensor, auf der sie eingetreten sind.

Fig. 1 stellt eine zweiteilige, Fig. 2 eine dreiteilige Ausführungsform vor. Um den Vereinigungspunkt herum ist eine Hohlkugelfläche eingeschliffen, die die Untersuchungs- Substanz, Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten aufzunehmen hat.

Für manche Flüssigkeitsuntersuchungen, vor allem, wenn es sich um geringe Mengen einer stark absorbierenden Substanz handelt, ist eine dritte Form besser geeignet (Fig. 3). Hierbei wird der Hohlraum so gelegt, daß seine Grenzfläche die Strahlen bricht und selbst mit zur Strahlenvereinigung beiträgt.

Außer einer besonders großen Helligkeit bieten diese Untrakondensoren noch den weiteren Vorteil, keine Farbenfehler zu besitzen, da wenigstens Form 1 und 2 ausschließlich mit Spiegelflächen arbeitet. Auch bei Form 3 kann die benutzte
Brechung keine Farbenfehler herbeiführen. Denn für wässrige Lösungen läßt sich das Prinzip der "homogenen Dispersion" anwenden, da es glücklicherweise ein Glas gibt,das genau die gleiche Dispersion wie Wasser aufweist.

Bläst man in einen dieser Kondensatoren Tabaksrauch ein, so sieht man sofort eine sehr große Zahl heller Teilchen in lebhafter Molekularbewegung. Strömungen halten nur kurze Zeit an. Läßt man im Hohlraume des Ultrakondensors Funken überspringen, so sieht man sofort die von den Elektroden abgerissenen Metallteilchen herumschwirren.

LITERATUR
 

[1]
W. Reich:
Die Bionexperimente, Sexpol-Verlag, 1938

"Unser Institut verfügt derzeit über drei große Reichert-"Z"- Mikroskope und ein Leitz-Forschungsmikroskop. Bei den Reichert-Mikroskopen ist eine Vergrößerung bis zu 3750fach infolge des geneigten Binokulartubus, der um 50 Prozent die normale Vergrößerung verstärkt, leicht möglich. Bei Verwendung eines speziellen Leitz-Objektivs 150F Apochromat zusammen mit einem 25x Kompensationsokular und Benützung des geneigten Binokulartubus läßt sich eine Vergrößerung bis zu 4500x, allerdings mit großer Mühe, herstellen. Die Untersuchungen werden durchschnittlich ausgeführt mit Dunkelfelduntersuchung. Zur sicheren Beurteilung von Bewegungen im Inneren der Organismen wird auch ein Dunkelfeldkondensor verwendet, der, von Reichert, Wien, angefertigt, Untersuchungen im Dunkelfeld bei etwa 3000facher Vergrößerung ermöglicht."

[2]
E. Abbe: Gesammelte Abhandlungen, 1903  

[3]
A. A. Michelson: Amer. Journ. of Science 39, 1890  

[4]
H. Siedentopf, R. Zsigmondy: Über Sichtbarmachung und  Größenbestimmung ultramikroskopischer Teilchen, mit besonderer Anwendung auf Goldrubingläser; Annalen der Physik, 4. Folge, Band 10, 1903  

[5]
H. Siedentopf: ZS f. wiss. Mikr. 25, 1908 und 29, 1912  

[6]
U. Gerhard: Bemerkung zur interferometrischen Messung im  Ultramikroskop sichtbar gemachter Teilchen; Annalen der Physik, 4. Folge, Band 87, 1928  

[7]
F. Jentzsch: Über Dunkelfeldbeleuchtung; Verhandlungen der deutschen Physikalischen Gesellschaft, Nr. 22, 1910

[8]
G. von Baeyer, U. Gerhard: Die interferometrischen Messung im Ultramikroskop sichtbar gemachter Teilchen; Verlag von Gebrüder Borntraeger, Berlin, 1928

[9]
H.Lassek: Über die Bionexperimente: Verlag Zweitausendeins,1995

[10]
F. Jentzsch: Der Ultrakondensor. Ein neuer Apparat für ultramikroskopische Untersuchungen; Verhandlungen der deutschen Physikalischen Gesellschaft, Nr. 22, 1910

Vorgetragen in der Sitzung der physikalischen Abteilung der 82. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte zu Königsberg am 22. September 1910.

[11]
F. Jentzsch: Über Dunkelfeldbeleuchtung; Verhandlungen der
deutschen Physikalischen Gesellschaft, Nr. 22, 1910